Es ist mal wieder soweit. Die 99. Tour de France hält die Massen und auch mich seit dem Prolog am 30. Juni in Atem, doch schwebt ein dunkler Schatten stets über dieser Veranstaltung: das Thema Doping. Die meisten sind das Thema Leid. Mir selbst ist es an sich egal, ist es doch klar, dass man es sauber aller Voraussicht nach nicht schaffen kann.
Es kommt einem von Jahr zu Jahr so vor, als würden die Berge höher, die Etappen gefährlicher und von Mal zu Mal unmenschlicher. Und dennoch soll das Fahrerfeld in 21 Renntagen mit nur zwei kleinen Ruhetagen ganze 3500km bewältigen? Und ginge es nur um die Distanz, wäre dies ja auch sicherlich noch zu bewerkstelligen. Doch werden die guten Kerle auch noch die Berge hinaufgejagt, wo die Luft dünn wird und andere in diesen Höhen doch eher den Sessellift zur Skipiste nehmen würden.
Letzte Woche wurde ein Fahrer in flagranti erwischt als er sich – so hatte es den Anschein – Doping beschaffen wollte. Gestern gab es erneut eine positive A-Probe. Und was passiert?
Das, was immer passiert. Egal wer erst einmal als potentieller Dopingsünder gebrandmarkt wird… in der Fangemeinschaft und der Pressewelt kommt es zu einem Aufschrei. Wieso eigentlich? Müsste es doch mittlerweile jedem klar sein, dass dieser Sport sauber einfach nicht erfolgreich zu bewältigen zu sein scheint. Es wäre gerade zu unmenschlich all dies ohne diverse Hilfsmittelchen (ob nun erlaubt oder nicht) zu meistern. Schon vor Jahrzehnten sind die Rennfahrer die Berge hochgekraxelt, vom Rad gefallen und haben noch im Liegen stramm weitergestrampelt, so sehr standen diese unter Drogen.
Wieso so viele jungen Fahrer (und leider auch in anderen Sportarten) noch in ihrer aktiven Zeit oder auch danach mit 30 oder 40 bereits einem Herzkasper zum Opfer fallen, auch da stellt man sich keine Fragen?
Was Doping angeht, sagt der eine “es muss das verseuchte Steak gewesen sein“. In einer anderen Sportart spricht man von “die Substanz wurde bestimmt in meine Zahnpasta untergemischt” und jetzt? Mal wieder erst einmal unschuldig. Was auch rechtlich absolut richtig ist. Denn bis zu einem positiven Befund in der B-Probe ist man noch keinesfalls des Dopings überführt und gilt als unschuldig. Aber dennoch frage ich mich, wieso jeder erst einmal alles von sich weist und sagt: “Ich kann mir das nicht erklären. Ich habe nichts unerlaubtes genommen.”
Wieso steht nicht einmal jemand auf und sagt: “Leute, es geht nun einmal nicht anders. Wie sollen wir diese Berge bezwingen ohne diese medizinische Palette? Man kann es schlicht und einfach nicht ohne.”
Ich befürchte auch, dass die Fahrer am Ende an sich stets die armen “Dummen” sind, die teilweise vielleicht sogar Stoff zu sich nehmen, wo sie noch nicht einmal wissen was sie genau da schlucken. Sie müssen dem Mannschaftsarzt und anderen um das Team herum vertrauen. Und doch ist es am Ende meist zuerst sogar das Team, was den jeweiligen Fahrer fallen lässt. Das Team duldet Doping natürlich auf keinste Weise und verurteilt jeglichen Gebrauch. Ja klar.
Und dennoch wird es vermutlich leider nie zu einem Dopinggeständnis kommen. Man würde das eigene Nest beschmutzen. Andere Fahrer und Teamkollegen mit in den Abgrund reißen. Abgesehen von den Gerichtsverfahren die einem das eigene Team und andere dann vermutlich an den Hals hetzen würden. Denn wie in jeder Sportart geht es um das große Geld. Die Teams sind auf die Gelder der Sponsoren angewiesen und wenn die große Luftblase (die an sich jedem gut bekannt ist) dennoch einmal platzen sollte… man will nicht daran denken, was dann los wäre.
In diesem Sinne… dass der Radsport je durch und durch zu einer sauberen Sportart wird kann ich für mich als Utopie abstempeln. Aber an sich würde ja nur ein einziger Fahrer genügen, der sich mal hinstellen würde und sagt: “Es geht nicht anders. Es geht leider nicht anders.”
(Alex)
Warum geben wir den Fahrern nicht einfach 5 oder 10 Tage mehr Zeit?
Dann haben die Jungs und Mädels mehr Zeit und können sich zwischendrin auch mal ausruhen. Vielleicht 3 Tage fahren. 1 Tage Pause. 3 Tage fahren… wieder Pause.
Damit müsste das Dopingproblem auch vom Tisch sein.
Aber da die Leute ja keine Zeit haben (außer beim Fußball) muss ja alles ohne Pause passieren.
Naja, ich schau den Radsport eh nicht an. Aber vernünftigerweise müsste es auch mehr Pausen geben.
Hallo,
erstens stimmt es, was Tobsen sagt, dass es mehr Pausen geben müsste. Das zweite ist eher auch das Denken, dass alles publikumsorientiert sein muss. Sprich: Es muss alles schneller und schneller sein. Jeder, der dabei ist, will der Erste sein. Ein gewisser Ehrgeiz ist nicht zu vernachlässigen und den sollte jeder haben, doch das olympische Bewusstsein “Dabeisein ist alles” ist weder hier noch bei den Olympsichen Spielen gegeben, da die Öffentlichkeit, die Medien und die Sponsoren dies in eine andere Richtung, in die der Leistung treiben.
Ein Aspekt wurde nicht erwähnt: Die Sportler tun sich selbst damit am Wenigsten einen Gefallen, da darunter oft auch die Gesundheit Schaden erleiden kann und das nicht nur unmittelbar, sonder auch erst Jahre danach und chronisch. Wenn das Bewusstsein der olympischen Disziplin wieder überhand nehmen würde und die Gesundheit des Sportlers im Vordergrund stehen würde, dann würde es eben schon anders gehen.
Viele Grüße
Monika
Tour de France ist für mich ein bisschen wie der 1.FC Köln. Jedes Jahr freue ich mich darauf und jedes Mal gibt es mindestens eine Enttäuschung. Dass es diesmal ausgerechnet Deinen Landsmann Fränck erwischt hat ist doppelt hart. Ich mag die Schlecks und hielt sie für zumindest einigermaßen sauber.
Grundsätzlich glaube ich, dass die Tour und der Radsport sauberer geworden ist, was man schon an den seit Armstrongs Zeiten sinkenden Durchschnittsgeschwindigkeit sieht.
Ganz sauber wird der Sport aber wohl nie werden. Patrick Sinkewitz, der als einer der wenigen mal ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, hat das mal gut auf den Punkt gebracht. Sinngemäß hat er gesagt.
“Ohne Doping bin war ein guter Fahrer, der ein paar Tausend im Monat verdienen konnte. Mit Doping war ich sehr gut und verdiente auf einmal ein paar Hunderttausend im Jahr.”
Für Geld und Ruhm tun die Leute eben manchmal auch die falschen Dinge. Mehr Pausen wie von Tobsen vorgeschlagen würden die Situation glaube ich nicht verbessern, sondern nur dazu beitragen, dass die wenigen Etappen noch heftiger gefahren werden würden.
Hauptgrund für die fehlenden Geständnisse ist aber aus meiner Sicht etwas anderes und zwar die Verträge zwischen Fahrern und Teams. Schließlich haben alle Fahrer bei hohen Konventionalstrafen unterschrieben, nicht zu dopen. Ein Geständnis würde als Betrug am Arbeitgeber gewertet und teuer werden. Was etwas schizophren ist, da die meisten Teams über das Doping ihrer Fahrer wohl Bescheid wissen. Aber nicht um sonst hat Ulle immer wieder gebetsmühlenartig den Satz “Ich habe nicht betrogen” und nicht den Satz “Ich habe nicht gedopt” wiederholt.
Traurig aber wahr. Und trotzdem bleibe ich Fan. Das ist wieder ähnlich, wie beim EFFZEH :-(
Gruß
Fulano
Hi Tobsen, Monika und Fulano
– Monika zuerst da… herzlich Willkommen auf offenesblog.de!
Mit den Pausen sehe ich es so wie Fulano, das würde nichts bringen. Und es gibt wohl nur zwei Möglichkeiten das Doping einzubremsen:
1) freigeben – nur dann würde es am Ende vermutlich noch mehr Tote geben
2) bei jedem positiven Test sofort lebenslänglich sperren – denn nur so würden es sich die Fahrer und Teams zweimal überlegen, ehe sie was nehmen.
Und dennoch ist es ja auch so, dass wir als Zuschauer ein Spektakel wollen und somit tragen wir nicht unbedingt dazu bei, dass es sauberer wird.
Aber so oder so… es geht auch in dieser Sportart um das gute Geld und daher wird das nichts mit deiner olympischen Idee mit “Dabei sein ist alles”.
Und dass ich den Aspekt der Gesundheit nicht erwähnt hätte, da muss ich auf zwei Passagen hinweisen:
1) den, dass mit 30-40 Jahren bereits einige “komischerweise” eine Herzattacke erlitten haben
2) dass die Fahrer wohl meist auch gar nicht so recht wissen was sie da zu sich nehmen und somit ihrer Gesundheit antun.
– Tobsen, wie gesagt befürchte ich, dass mehr Ruhetage nichts bringen würden. Vielleicht sogar das Gegenteil. Dennoch schade dass du dir die Tour nicht anschaust! :)
– Fulano, bei dir stimme ich mal wieder zu 100% zu. Der EFFZEH und die Tour liegen näher als ich es bis gestern dachte. Ich liebe deinen Ausdruck “einigermaßen sauber”, denn genauso wird es auch sein. Sauber ist keiner, nur die einen sind etwas sauberer als die anderen. Ohne geht es eben in meinen Augen nicht. Nichtsdestotrotz ist es schade, dass die Tour schon wieder so gut wie gelaufen ist und ich freue mich bereits aufs nächste Jahr. Mit den Schlecks? ;)
Und mit den Verträgen zwischen Team und Rennfahrer, genau das meinte ich, dass die Fahrer im Falle eines Geständnisses sicherlich den Anwalt auf sich gehetzt bekämen. Und ob man es mag oder nicht – und es einem sogar vielleicht auf den Keks gegangen ist – mit dem Satz “Ich habe nicht betrogen” hat Ulle tatsächlich nicht gelogen! ;)
Gruß zurück an Euch alle und ein angenehmes Wochenende,
Alex
mit dem Satz “Ich habe nicht betrogen” hat Ulle tatsächlich nicht gelogen!
Das ist ja schon fast Poesie ;-)
Gruß
Fulano
Hi Fulano
Er hätte glatt Politiker oder Anwalt werden können! ;)
Gruß zurück und angenehmes Wochenende
Alex
Ich meinte eigentlich Deinen Reim ;-)
Gruß
Fulano
Siehst du Fulano, für dich fange ich sogar an hier auf offenesblog.de zu reimen und Poesie zu schreiben! ;)
Gruß zurück, Alex
Ich muss immer wieder den Kopf schütteln, wenn das Thema auf den Tisch kommt. Niemand könnte in solch kurzer Zeit solche Leistung schaffen ohne irgendwie zu pushen. Wie schon in den Kommentaren angeregt fände auch ich, dass mehr Zeit für die Tour sicherlich das Problem illegalte Hilfsmittel schnell reduzieren würde…
Hi Maria
Es ist ja leider nicht nur ein Radsport-Phänomen. In allen Disziplinen/Sportarten, wo es um viel Geld, Sponsoring, Presse und Co geht, gibt es halt den Druck nach Siegen. Und wer siegen will, muss dann notfalls ein bisschen mehr nachhelfen als die Gegner. Und schon pusht sich jederman, der um die Topplätze kämpfen möchte.
Professioneller Leistungssport geht wohl kaum mehr ohne…